Case Study | Innovative Hochschullehre: Neue Wege für Vermittlung von Digitalkompetenz am Beispiel einer „Marketing Analytics“-Lehrveranstaltung

Im Rahmen der TechConference 2022 beleuchten wir innovative Lehrkonzepte für Digitalbildung. Dabei zeigen wir insbesondere, wie Konzepte von ehrenamtlichen Organisationen auf die traditionelle Bildung an Schulen und Hochschulen übertragen werden kann.

Die folgende Case Study über das didaktische Konzept der “Marketing Analytics”-Lehrveranstaltung an der Goethe-Universität Frankfurt ist Teil einer dreiteiligen Serie. Die zwei weiteren Case Studies beleuchten das Lehrkonzept der ehrenamtlichen Organisatonen TechAcademy und TechLabs sowie die BYTE Challenge der Jungen Gesellschaft für Informatik, ein Programm für Digitalkompetenz an Schulen.

Motivation

In der Lehrveranstaltung „Marketing Analytics“ an der Goethe-Universität lernen Studierende des Bachelorstudiengangs Wirtschaftswissenschaften das Programmieren in der Statistiksoftware R und beantworten damit ökonomische Fragestellungen. Somit wenden sie die allgemeinen technischen Fähigkeiten (Programmieren) in einem bestimmten fachlichen Kontext (Marketing) an.

Dabei ist vor allem der Einstieg in das Programmieren für Studierende ohne Vorkenntnisse herausfordernd. Seit 2021 wird die Lehrveranstaltung nun in einem innovativen Konzept durchgeführt, welches die Stärken von Online- und Offline-Lehre verbindet und damit einen optimalen Rahmen für die Vermittlung technischer Kompetenzen bietet.

Das Veranstaltungskonzept wurde dabei von den erprobten Konzepten der ehrenamtlichen Organisation TechAcademy (siehe Case Study TechLabs und TechAcademy) inspiriert. Diese Übertragung der Bildungskonzepte in die Hochschulbildung zeigt, dass Ideen von derartigen ehrenamtlichen Organisation richtungsweisend für Angebote an traditionellen Bildungseinrichtungen sind — insbesondere die Vermittlung von Programmierkenntnissen an Hochschulen.

 

Konzept

Das Ziel der Lehrveranstaltung „Marketing Analytics“ ist einerseits die Vermittlung von Programmierkenntnissen und andererseits die Anwendung dieser zur Lösung fachspezifischer, hier konkret ökonomischer Probleme. Dieses Ziel wird über das Lehrkonzept „Flipped Classroom“ sowie den Fokus auf Peer-Learning durch Gruppenarbeiten erreicht.

„Flipped Classroom“ heißt, dass die reine Inhaltsvermittlung online stattfindet und Präsenzveranstaltungen ausschließlich zur Vertiefung und für Interaktionsmöglichkeiten sowohl zwischen Lehrenden und Studierenden als auch den Studierenden untereinander genutzt werden. Konkret bereiten sich Studierende vor den Präsenzveranstaltungen durch Kurzerklärungen relevanter technischer Inhalte via on-demand-Materialien, überwiegend Videos, vor.

Studierende lernen die technischen Vorlesungsinhalte am besten, wenn sie selbstständig (Programmier-) Aufgaben bearbeiten. Dabei treten viele kleine Schwierigkeiten auf, die frustrierend sein können. Durch den intensiven Kontakt mit den Lehrpersonen und die Niedrigschwelligkeit der Unterstützung durch Lehrende im „Flipped Classroom“-Format werden diese Hürden schnell aus der Welt geschafft und die Studierenden können sich zügig auf das tatsächliche Verständnis konzentrieren.

Zudem kann das Lehrteam die Studierenden bei diesem Format besser als im klassischen Frontalunterricht durch den intensiven Austausch während der Gruppenarbeiten unterstützen. Dabei wird individualisiert gefördert und gefordert: eine starke Gruppe wird dazu aufgefordert, noch einen Schritt weiter zu denken, während eine schwächere Gruppe bei der Lösung vorheriger Aufgaben unterstützt wird. Dadurch wird die Präsenzzeit für einen maximalen Lernerfolg genutzt.

Studierende schätzen die bessere Betreuung, schnelleres Verständnis, einen größeren Spaßfaktor, und ganz besonders die stärkere Interaktion mit Mitstudierenden und Lehrenden. Diese Form der Lehre ist aus Lehrenden-Sicht zwar aufwändiger, aber auch erfüllender als Frontalunterricht, da es einen persönlicheren Kontakt zu Studierenden ermöglicht, die zielgerichteter und besser unterstützt werden können. Das Veranstaltungskonzept passt somit zur modernen Vision einer Präsenzuniversität, die physische und digitale Räume innovativ verbindet und die jeweiligen Stärken optimal ausnutzt.

 

Quick Facts

Marketing Analytics

  • Bachelorkurs in der zweiten Hälfte des Studiengangs Wirtschaftswissenschaften
  • Kursleiter: Prof. Dr. Bernd Skiera, Goethe-Universität Frankfurt
  • Ziel: Vermittlung von Programmierkenntnissen in der Sprache R zur Lösung ökonomischer Fragestellungen
  • Methoden: Flipped Classroom, Peer-Learning, Gruppenarbeiten
  • 400 Teilnehmende pro Jahr

 

Über dieses Projekt

Diese Case Study ist Teil des Diskussionspapiers zur TechConference 2022 am 17. und 18. Juni 2022 in Frankfurt am Main. Die Konferenz bringt 19 Organisationen aus ganz Deutschland zusammen, welche i) ehrenamtlich oder gemeinnützig ii) im Bereich Digitalisierung, Technologie oder Digitalbildung tätig sind und iii) durch die “junge Generation” unter 30 Jahren geführt werden. Die Veranstaltung und das begleitende Diskussionspapier zeigen, welches Engagement besteht und wie dieses unterstützt und ausgebaut werden kann.

Zudem ist das Ziel dieser Arbeit das gemeinsame Verfassen von Forderungen an Entscheidungsträger*innen aus der Politik. Diese Forderungen stimmen die Organisationen im Rahmen der TechConference ab und veröffentlichen sie anschließend. Grundlagen dafür sind die Ergebnisse einer systematischen Befragung der Organisationen aus ganz Deutschland und drei exemplarische Case Studies.

Scroll to Top