Ehrenamtliche Organisationen leiden neben geringen Budgets häufig unter einer angespannten Personalsituation: Im digital change now Report wird deutlich, dass die Rekrutierung engagierter Ehrenamtlicher oft eine der größten Hürden darstellt. Dazu schwankt die Motivation der Mitglieder stark und die oft hohe Fluktuation in den meisten Vereinen sorgt für berechtigte Zukunftsängste. Noch angespannter wird die Situation, wenn sich Aufgaben beginnen zu häufen und der Erfolg ausbleibt.
Vorstände und das breitere Leadership Team von Vereinen versuchen dem entgegenzuwirken und investieren folglich selbst mehr Energie in das operative Geschäft. Viel Zeit und Ressourcen bleiben da nicht übrig, um Arbeit in die Organisation zu stecken – schließlich will man die sich selbst gesetzten Ziele erreichen und seinen Teilnehmern oder Nutzern helfen.
Die Lösung für dieses Problem wirkt kontraintuitiv: Schieb den Fokus im Personal- und Führungsbereich weg von den anstehenden Aufgaben im Tagesgeschäft. Je mehr Zeit Vereine darin investieren, zielgerichtet eine starke Organisation aufzubauen, desto schneller kommen sie zu besseren Ergebnissen.
Der langfristige Erfolg von Vereinen hängt an den Mitgliedern und ihrer Kultur, nicht an ihren Programmen oder Produkten
Durch die New-Work-Welt wird die Funktion von People & Organisation oder auch Human Resources verwässert und verweichlicht. Im Fokus liegen Buzzwords wie Wellbeing, Remote-Working, Work-Life-Balance, Mindful Leadership, Mitarbeiterzentrierung und Benefits. Diese Buzzwords sind unkonkret und für Initiativen und Vereine so gut wie gar nicht hilfreich.
In Wahrheit sind Mitarbeiter-Führung und die Organisationskultur die Basis für eine erfolgreiche Organisation, kein Wohlfühl-Thema, auf das sie häufig reduziert werden: Indem man eine starke Kultur schafft, institutionalisiert man den Erfolg und macht ihn Personen-unabhängig. Man kann nicht zu jeder Zeit erfolgreich sein, jedoch kann man von Generation zu Generation mitgeben, was einen zum Erfolg geführt hat und wie dieser replizierbar ist. Zu häufig hängt der Erfolg von Vereinen von zwei bis drei Individuen ab, die sich besonders engagieren. Wenn sie gehen, geht Ihr Wissen, ihr Engagement, ihre Inspiration und die erfolgreiche Zeit des Vereins mit ihnen.
Das passiert nicht nur bei ehrenamtlichen Vereinen, sondern den erfolgreichsten Unternehmern der Welt: Jeff Bezos (Amazon), Reed Hastings (Netflix), Tim Cook (Apple) oder Indra Nooyi (PepsiCo) teilen alle die Einschätzung, dass die Motivation der Mitarbeiter und eine starke Unternehmenskultur die wichtigsten Faktoren für den Erfolg ihrer Unternehmen sind. Die Schwierigkeit liegt in Wahrheit darin zu verstehen, wie man diese Ansicht in der eigenen Organisation umsetzt und was das für die Praxis bedeutet.
Der erste Schritt für den Erfolg ist, die DNA der eigenen Organisation herauszufinden und zu notieren
Das bedeutet, zu verstehen, nach welchen Kernprinzipien ihr arbeiten wollt. Wonach streben wir? Welche Organisations- und persönlichen Charakteristika sind dafür förderlich? Welche sind kontraproduktiv? Diese Prinzipien müssen inhaltlich durchdacht, jedoch praktisch direkt umsetzbar formuliert sein. Je konkreter und einfacher die Prinzipien definiert sind, desto ehrlicher können sie umgesetzt und intern erklärt werden.
Häufig definieren Vereine generische Werte, mit denen die Mitglieder nichts anfangen können, mit denen sich aber jeder wohlfühlt; so beispielsweise “Offenheit”, “Verantwortung” oder “Diversität”. Die eigene DNA ist das Rückgrat der Organisation. Sie muss klar und realistisch notiert sein. Besonders aber muss sie allgegenwärtig bei allen Teammitgliedern und unbedingt dem Leadership Team sein. Hier ist kein Raum für Uneindeutigkeit oder Wohlfühloasen. Hier benötigt es Ehrlichkeit und pingelige Präzision.
Zwei der wichtigsten Prinzipien, nach denen wir bei TechAcademy arbeiten, sind “Die beste Idee gewinnt, unabhängig davon, wer sie vorschlägt.” und “Wir geben unmittelbares und klares Feedback. Es gibt keine Tabus auf fachlicher Ebene”. Diese sind eindeutige Prinzipien, die wir von jedem Mitglied einfordern. Sollte jemand Schwierigkeiten haben, mit dieser Art von Feedback umzugehen, ermutigen wir sie, ein Umfeld zu finden, das möglicherweise nicht so stark auf diesem Prinzip basiert.
Eine gute Übung ist es, sich im eigenen Leadership Team zu fragen, anhand welcher Prinzipien Ihr arbeitet und was Euch im Kern ausmacht. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass keine übereinstimmenden Werte herauskommen und es gar nicht so einfach im Kern zu definieren ist, wie man zusammenarbeiten will. Darauf aufbauend könnt Ihr Eure DNA herausfinden und notieren.
Evaluiert und rekrutiert nach Persönlichkeit & Arbeitsweise, nicht nach Erfahrung, Performance oder Noten
Unsere DNA bis ins tiefe Detail zu verstehen, auszuleben und sie uns immer wieder in Erinnerung zu rufen, hat uns bei TechAcademy enorm geholfen, Mehrwert für unsere Teilnehmer und Netzwerk zu schaffen. Wir nutzen sie als das Haupt-Bewertungskriterium unseres Teams. Sowohl bei der Umsetzung unserer Programme & Konferenzen, im Recruiting und bei der Besetzung von internen Rollen.
Talent will mit Talent zusammenarbeiten: Mit drei motivierten Leuten, die die DNA der Organisation leben, erreicht Ihr deutlich mehr als mit den sieben smartesten Leuten, die nicht so motiviert sind oder nicht die DNA leben. Das verheerendste, was ein Verein machen kann, ist, willkürlich neue Mitglieder aufzunehmen, weil Personalnot herrscht. Eher sollten die Angebote reduziert, dafür aber ordentlich ausgeführt werden.
Mitglieder und Projekte anhand ihrer Ergebnisse zu bewerten, kann tückisch sein, denn diese können sie nicht immer selbst beeinflussen. Manchmal haben Teammitglieder, Partner, der Zufall oder etwas anderes nicht gestimmt. Oder andersrum, durch Glück wurde das Ergebnis viel besser als es die eigene Arbeit zu erwarten ließ. Demnach ist ein fairer Bewertungsmaßstab die ehrliche Bemühung und die Arbeitsweise – diese kann jeder steuern und ist ebenso erfolgsentscheidend. Wenn man diese danach adjustiert, was einen erfolgreich macht, erhöht man die Erfolgswahrscheinlichkeit in jedem Bereich ungemein.
Jede Führungskraft muss sich trauen, die Vereins-DNA klar zu kommunizieren und direkt anzusprechen, wenn etwas gegen diese widerspricht
Das Team hat sich aus gutem Grund darauf geeinigt, nach der DNA zu arbeiten. In der Realität lebt jede Organisation ohnehin nach bestimmten Prinzipien – bewusst oder unbewusst. Wenn Vorstände oder Personalleiter nach diesen gefragt werden, erklären sie häufig, dass sie eine “gute Kultur” haben oder “eine Feedback-Kultur jedem sehr am Herzen liegt”. Doch es ist Ehrlichkeit wichtig, wenn man die Frage beantwortet “Wie sehr stimmt das wirklich?”. Oft sind das Wünsche und Gedanken der Verantwortlichen, nicht aber des Team – nicht mal des Leadership Teams. Das ist nicht dramatisch – wir haben es auch nicht immer geschafft, die DNA perfekt zu kommunizieren und auszuleben. Was auch hier gilt, ist ehrliches Bemühen.
Jede investierte Minute in die Organisation macht sich mindestens doppelt bezahlt
Traut Euch besonders als Vorstand, Euch selbst aus der operativen Arbeit herauszuziehen und eine Sparringpartner-Rolle einzunehmen. Wir haben unsere Hauptaufgabe im TechAcademy-Vorstand so gesehen, die Strukturen für die Mitglieder zu schaffen, damit sie ihr Potenzial ausleben, eigene Ideen umsetzen und wachsen können. Für die operative Verantwortung ist das Leadership Team und die Team Member zuständig. Bei jedem neuen Vorstandsmitglied haben wir besonders auf die People Leadership-Dimension geschaut. Ihre größten Erfolge waren oft erst in zweiter Linie die operative Arbeit oder Projekte, die sie umgesetzt haben. In erster Linie waren es die Mitglieder, die sie entwickelt haben, wodurch diese exzellente Arbeit geleistet haben.
Somit empfehlen wir, sich zu trauen, als Personal- und Leadership Team den Großteil der Zeit mit Personalthemen zu verbringen. Besonders damit, eine gemeinsame, starke DNA auszuarbeiten, dem Team zu erklären und sie lückenlos anzuwenden. Die DNA ist der beste Weg, Erfolge unabhängig von Personen zu machen und starke Talente anzuziehen. Exzellente Ergebnisse werden die logische Schlussfolgerung sein.